„Spielen“, dass in vielen Sprachen für Tanzen besteht, trifft bei uns überhaupt nicht mehr zu. Es gibt einige Kulturkreise in Europa, die sich „ihre“ Tänze bewahrt haben und in einigen von diesen Tänzen ist das spielerische Moment erhalten.
Betrachten wir zuerst die Tänze, die als besonders ursprünglich angesehen werden, die Balkantänze. Bis auf die Tänze der Mazedoner im ehemaligen Jugoslawien, der Kroaten und der Griechen befinden sich die Volkstänze der Balkanregion in einem langjährigen und heftigen Transformationsprozess. Er begann gleich nach der Russischen Revolution. Volkstanz war damals ein bäurisches Vergnügen. Weil die russische Revolution Arbeitern und Bauern zu der ihnen gebührenden Anerkennung verhelfen wollte, befahl Lenin, dass die Hochkultur die Tänze der Bauern „weiter“entwickeln sollte. Das machte Herr Moissev dann federführend. Er machte sich nicht viel Gedanken den Charakter der Tänze zu erhalten, so dass spielerische Formen in komplizierten Choreografien aufgingen. Den nächsten Schritt machte ein „Tanzdiplomat“ selber, der feststellte, dass die Westeuropäer die einfachen, bäurischen Formen seines Landes sehr schnell lernten und mit großem Hunger nach schwierigeren Tänzen oder mehr „Material“ fragten. Er fügte die Variationen einer Region, die es zu der gleichen Melodie gab, zu einem Tanz zusammen. Fortan hatte ein Tanz die Variation 1-3 oder 4. Meistens mit klatsch, klatsch, klatsch oder stampf, stampf, stampf am Ende. Die Rezipienten gewöhnten sich sehr schnell an das Denkschema, so dass sie fortan auch für andere Tänze dieses Schema erwarteten, genauer, forderten. Als man sah, dass diese veränderten Tänze gut ankamen, folgten andere Länder diesem Beispiel. Da sich alle Geübten bei uns in dem Schema bewegen, fällt ihnen gar nicht mehr auf, dass Anfänger– auch die vermeintlich einfachen Lieblingstänze- nicht einfach mittanzen können. In der Folge davon trauen sich Anfänger nicht in den Kreis zu kommen.
Jetzt geht es um den Volkstanz in Deutschland. Auf der administrativen Ebene werden die Tänze ohne großes Nachdenken alle als „völkisch“ abgestempelt. Das geschieht aus Unwissenheit. Leider kann ich in den Gremien der Kulturverwaltungen und damit auch in den Medien keine Bereitschaft feststellen, sich mit der Geschichte und Entwicklung des Volkstanzes in Deutschland überhaupt zu beschäftigen. Sie würden ihr Bild vom deutschen (Volks)Tanz und von Volkstanz aus aller Welt sofort korrigieren müssen. Schade, jede Tanzform hat eine spannende Geschichte!
Deutscher Volkstanz/deutscher Tanz, so wie wir ihn auffassen und verbreiten hat keinen völkischen Charakter. Wir sind nach außen gewandt und pflegen nicht das kleinteilige „Wir“ unter Ausschluss von Menschen mit anderen Glaubensrichtungen. Aber mit dieser Einstellung sind wir für die Medien langweilig und sie verlieren kein Wort über uns. Auch nicht darüber, dass die Volkstanzbewegung in Deutschland seit Nov 2015 als immaterielles Kulturerbe vom Deutschen UNESCO Büro anerkannt wurde.
Jetzt kommen wir zu den Menschen, die Tänze aus vielen Ländern tanzen, wie z.B. Tänze aus Skandinavien, England oder Schottland. Das sind meistens Tänze zu mehreren Paaren, die eine besondere räumliche Struktur haben. Eine choreografische „Wanderung“ der Paare durch den Set macht sie kompliziert und fordert das ständige Mitdenken von allen Tänzer*innen heraus, ja auch von den gerade passiven. Das ist eine besondere Freude für die Tänzer und es ist klar, dass ein längerer Lernprozess erforderlich ist um mithalten zu können. Aber auch in dieser Tanzart gibt es einfache Tänze für Anfänger.
Wir müssen wieder den spielerischen Moment beim Tanzen entdecken und pflegen um andere mitzuziehen. Schrittakrobatik regt nicht zum selber Tanzen an, aber ein lachendes, spielerisches Miteinander!